Kieferfehlstellungen / Dysgnathie

Kieferfehlstellungen

Kieferfehlstellungen beeinträchtigen in schweren Fällen das Kauen oder Abbeißen, führen zu Kiefergelenkschmerzen und können weitere funktionelle Beschwerden verursachen. Oftmals sind sie auch mit einem unharmonischen Gesichtsprofil (Profildysharmonie) verbunden und beeinflussen somit das äußere Erscheinungsbild.

Die Ursachen für eine solche Fehlstellung können unterschiedlich sein: frühzeitiger Milchzahnverlust, Lutschgewohnheiten, Mundatmung, falsche Ernährung sowie hormonelle und genetische Faktoren. Wird die Fehlstellung frühzeitig erkannt, können durch kieferorthopädische Maßnahmen das weitere Wachstum beeinflusst und eine Korrektur erreicht werden. Besteht aufgrund zu unterschiedlicher skelettaler Basen eine Diskrepanz in der Kieferstellung, muss eine kombinierte kieferorthopädische-kieferchirurgische Therapie eingeleitet werden. Eine frühzeitige Kommunikation zwischen den Fachbereichen ermöglicht eine optimale Abstimmung der Möglichkeiten.

Ziele der gemeinsamen Planung sind eine optimale Zahnstellung mit präzise geformten Zähnen, wohl ausgeformten Zahnbögen und einem gesicherten vertikalen Überbiss sowie einem harmonischen Profil. Für die oft jungen Patienten (zum OP-Zeitpunkt: 16.–18. Lebensjahr) ist der Wunsch nach einem optimierten Profil ein mitentscheidender Grund, die OP-Risiken und die langwierige Behandlung zu akzeptieren.

Bevor die chirurgische Behandlung beginnt, wird eine umfangreiche Diagnostik durchgeführt, die mit einer Modell-Operation abschließt, in der die Kieferverlagerungen simuliert werden. Die entscheidenden Schritte werden in der Modell-OP durch Splinte fixiert. Dabei handelt es sich um zwischen die Zahnreihen eingelagerte Kunststoffschienen. Die Splinte dienen später als Navigationshilfen in der eigentlichen Operation.

Die chirurgische Therapie kann im Unter- und/oder Oberkiefer ansetzen. Es ist möglich, den gesamten Kiefer oder nur Kieferanteile (Segmente) zu verlagern. Soll der gesamte Oberkiefer versetzt werden, wird zur Ablösung eine natürliche Bruchebene genutzt. Eine gleichzeitige Teilung in Längsrichtung (sagittal) sowie weitere Segmentablösungen im Frontbereich sind möglich. Damit kann der Oberkiefer in seiner Größe verändert und in seiner Lage zum Gesichtsschädel neu ausgerichtet werden. Soll der Unterkiefer gesamt versetzt werden, wird eine schräge Spaltung im Kieferwinkelbereich vorgenommen, das mittlere zahntragende Fragment verlagert und dem Oberkiefer angepasst.

Zur Profilverbesserung kann zusätzlich eine Kinnverlagerung vorgenommen werden.

Durch die heute übliche funktionsstabile Versorgung kann auf die früher übliche Verdrahtung der Kiefer (Intermaxilläre Fixation) verzichtet werden.

Zur funktionellen Nachbehandlung werden i.d.R. Gummizüge zwischen die Kiefer eingebracht. Diese Gummizüge werden später von den Patienten selbst zu den Mahlzeiten herausgenommen und dann wieder eingesetzt.

Abhängig vom Ausmaß der Fehlbildungen ist in manchen Fällen auch ein schrittweise operatives Vorgehen notwendig. In dem Fall wird beispielsweise zuerst eine forcierte chirurgische Gaumennahterweiterung (SARPE) oder eine Unterkieferweitung durch Spaltung in der Mittellinie, gefolgt von einer Distraktion. Die eigentliche Umstellungsoperation findet dann ca. ein halbes bis ein Jahr später statt.

siehe auch:
Ästhetische Gesichtchirurgie
Kieferfehlstellungen/ -umstellungen
Kinnverlagerungen / -korrekturen
Nasenkorrekturen
Ohranlegeplastiken (Ohrläppchenkorrekturen)