
Der heutige Mensch ist in seinem modernen, mobilen Alltag einer Menge Stress ausgesetzt. Und dieser muss irgendwie abgebaut muss.
Nicht selten erfolgt dieser notwendige Stressabbau über das Kausystem (stomatognathes System). Folge übermäßigen Zähneknirschens (Bruxismus) sind schmerzhafte Überlastungen von Zähnen, Zahn- und Kaumuskelgruppen sowie Kiefergelenken. Diese funktionellen Beschwerden sind ähnlich wie Parodontose zu einer Volkskrankheit aufgestiegen. Alle Bevölkerungsgruppen sind davon betroffen, ausgenommen Kleinkinder.
Die Beschwerden können sich im Sinne einer aufsteigenden Symptomatik durch vorbestehende Schulter-Arm-Syndrome, Wirbelsäulenbeschwerden, Beckenschiefstände und damit verbundene Beinlängendifferenzen etc. verstärken.
Wenn Symptome, die sich im Bewegungsapparat bisher latent zeigen, plötzlich durch Schmerzen im Kausystem manifestiert werden, spricht man hingegen von einer absteigenden Symptomatik.
Diagnose & Therapie
In komplexeren Fällen sind Diagnostik und Therapie daher eine interdisziplinäre Angelegenheit, an der Zahnarzt, Kieferchirurg, Kieferorthopäde, Orthopäde, Schmerztherapeut, Physiotherapeut und gegebenenfalls auch ein Psychotherapeut beteiligt sind.
Die zahnärztliche Therapie beginnt mit Einschleifmaßnahmen und dem Erstellen einer Relaxations- oder Bissführungsschiene. Gegebenenfalls erfolgt auch eine provisorische prothetische Versorgung, wenn Zahngruppen oder Stützzonen fehlen. In der Regel ist auch eine Aufklärung der Betroffenen über die Fehlbelastung unerlässlich. Denn direkter, länger andauernder Zahnkontakt sollte die Ausnahme und nicht die Regel sein.

Zu den weiterführenden Maßnahmen zählen spezielle Bissregistraturen und entsprechende Schienen sowie die Einleitung einer Physiotherapie. Unterstützend kann auch eine Behandlung mit Botulinumtoxin sein, die zu kräftig ausgebildete Kaumuskeln mit einer zu hohen Vorspannung gezielt schwächt.
Eine interdisziplinäre Therapie erfordert stets ein abgestuftes, individuelles Vorgehen, bei dem die ursprünglich zuweisende Praxis in der Regel die Fäden zusammenführt.
Knirscher bleibt Knirscher
Ähnlich wie bei der Parodontose-Behandlung ist die Funktionstherapie lebenslang erforderlich. Das Knirschen, Pressen oder andere Fehlfunktionen wurden im Hirn als Verhaltensmuster zur Stressreduktion abgespeichert. Durch die Verselbstständigung bleibt das Fehlverhalten trotz Beseitigung der Stressfaktoren erhalten, wenn auch in abgeschwächter Form.
